Bleibendes und Einmaliges
Der Garten als Lebensraum
Auch wenn die natürliche Vegetation nur in einigen Revieren des Gartens erhalten geblieben ist oder wieder herzustellen versucht wurde, ist auf Schritt und Tritt erkennbar, wie die verschiedensten Organismen miteinander interagieren und voneinander abhängig sind. Es werden drei Themenbereiche herausgegriffen:
Pflanzen und Pilze,
Flechten und ihre Substrate und
Pflanzen und Tiere.
An diesen Beziehungen und Abhängigkeiten sind viele Arten beteiligt. Es zählt zum Spannendsten im Garten darauf zu achten, auch wenn die meisten der Organismen gar nicht benannt werden können.
Abb. 94: Der beringte Erdritterling, Tricholoma cingulatum, ein Mykorrhizapilz bei Weiden, Salix, im Botan. Garten. Orig. 29.10.2004.
Pflanzen und Pilze
Symbionten
Vom Pflanzenleben sehen wir gewöhnlich nur das, was sich oberhalb des Bodens erkennen läßt. Was sich im Wurzelraum abspielt, bleibt meist weitgehend oder sogar ganz verborgen. Die erfahrenen Pilzbeobachter und -sammler wissen aber, dass beispielsweise Milchlinge (Lactarius), Täublinge (Russula), Röhrlinge (Boletaceae), Ritterlinge (Tricholoma, Abb. 94) oder Schleierlinge (Cortinarius) und viele andere mehr nur bei Arten der Kieferngewächse, Pinaceae, der Buchenverwandtschaft, Fagales, oder den Weidengewächsen, Salicaceae, und einigen mehr, vorkommen. Es sind die obligaten Partner für die Pilz-Wurzel-Lebensgemeinschaften, Mykorrhizen, genauer der Ektomykorrhizen.
Aber auch die allermeisten anderen Pflanzen sind symbiontisch mit Pilzen vergesellschaftet. Alle ziehen daraus einen gegenseitigen Vorteil.
Saprobe Pilze
Als nicht assimilierende Organismen benötigen Pilze für ihre Ernährung organische Substrate. In den vorhergehenden Beispielen waren es lebende Pflanzen. Aber auch abgestorbene Pflanzen und Pflanzenteile werden von vielen Pilzen als Nahrungsquellen genutzt und dabei abgebaut. Für die Nahrungsketten sind diese Zersetzter, unterstützt von vielen Tieren und Bakterien, im Ökogefüge unerlässlich. Viele von ihnen können wir auf Holz, auf der Laubstreu, zwischen Gras, oder auf barem Boden finden. Häufige Beispiele hierfür, auch im Garten, sind die Tintlinge, Coprinus.
Parasiten
Wie die Symbionten benötigen parasitische Pilze lebende Pflanzen, um selbst existieren zu können. Ihre Vielfalt ist enorm und ihre Spezialisierungen sind es oftmals auch.
Auf krautigen Pflanzenteilen sind die echten Mehltaupilze, Erysiphales, unter den auffälligsten. Besonders ab Mitte Sommer und in den Herbst hinein sind sie auf unterschiedlichsten Gartenpflanzen häufig, z.B. Sawadaea bicornis auf Ahornblättern und Microsphaera alphitoides auf jungen Blättern von Eichen.
Falsche Mehltaue, Oophyta (Oomycetes) sind keine echten Pilze, es sind vielmehr parasitisch gewordene Algen. Sie haben ihre Hauptentwicklungsphasen im Frühjahr und im Herbst. Ihre Verbreitungseinheiten bildenden Organe, Sporangien- und/oder Konidienträger, wachsen aus den Spaltöffnungen ihrer Wirte aus, befinden sich also auf den Blattunterseiten. Häufige Wirte sind im Frühjahr das Scharbockskraut, Ficaria verna, für Peronospora ficariae und der Giersch, Aegopodium podagaria, für Plasmopara aegopodii.
Rostpilze, Pucciniales, sind auf Gartenpflanzen häufig, z.B. im Frühjahr Endophyllum sempervivi auf Hauswurzen, Sempervivum, und Melampsora-Arten auf Weidenblättern, Salix. Auch der wichtigste Nutzpflanzenrost, der Schwarzrost der Getreidegräser, Puccinia graminis auf Süßgräsern ist häufig, so wie der Rosenrost Phragmidium mucronatum auf Wildrosen oder einigen Kultursorten.
Brandpilze, Ustilaginomycotina, können auffällig sein, wie der Beulenbrand des Mais, Ustilago maydis, oder unscheinbar, wie die Antherenbrände von Nelkengewächsen, Microbotryum spp.
Wichtige Parasiten an Bäumen sind Porlinge, wie die Feuerschwämme, beispielsweise der Zwetschgen-Feuerschwamm, Phellinus tuberculosus. Auch virulente Arten des Hallimasch, Armillaria spp., sind immer wieder als Baumschädlinge zu beobachten.
In den Anhängen „Pilze“, „Mehltaupilze“, „Rostpilze“, „Brandpilze“, werden Beispiele aus dem Garten näher behandelt. Ausführlich sind die Pilz-Pflanzen-Abhängigkeiten im Anhang „Oberjochflora“ enthalten.
Flechten und ihre Substrate
Flechten an Bäumen und Sträuchern:
An Stämmen und Ästen von Bäumen und Sträuchern im Garten sind Krusten-, Laub- und Strauchflechten reichlich vorhanden. Krustenflechten sind durch zahlreiche Arten der Gattungen Caloplaca, Lecanora, Lecidea und Protoblastenia vertreten. Unter den Blattflechten überwiegen Arten der Gattungen Hypogymnia, Parmelia, Physcia und Xanthoria. Die häufigsten Strauchflechten des Gartens sind Evernia prunastri und Pseudevernia furfuracea.
Flechten auf Gestein
Die im Garten verbauten und frei liegenden Felsen, aber auch Betonflächen wurden von Gesteinsflechten zügig besiedelt. Kalk- und Dolomit bewohnende Arten sind auf diesen Gesteinen im Alpinum und im Jura der Schwäbischen Alb vorhanden, während die kalkmeidenden Arten auf Gneis, Granit, Buntsandstein und Beton vorkommen. Unter Letzteren ist Lecanora muralis besonders häufig.
Im Anhang „Flechten“ werden Beispiele aus dem Garten vorgestellt.
Pflanzen und Tiere
Abb. 95: Eine Schwebfliege an der Winterblüte, Chimonanthus praecox, im Winter. Orig. 13.1.2007.
Jeder Garten ist der Lebensraum für unzählbare Tierarten. In einem so großen und ökologisch so diversen Areal wie dem Tübinger botanischen Garten finden die allermeisten Tiergruppen ihre Nischen.
Die praktische Tierhaltung hatte im neuen botanischen Garten eine Tradition seit dem ersten Tag. Der Reviergärtner des Arboretums, Hans Schäfer (Abb. 28), ließ seine Schafe die Wacholderheide im Garten „natürlich“ abweiden und der Erbauer des zweiten ökologischen Alpinums, Gerhard Bialas, hatte Bienenstöcke an verschiedenen Orten des Gartens aufgestellt.
Der Gartenmeister der ersten Stunde im Freiland und talentierte Dichter, Werner Dittrich, hatte Nisthilfen für Wildbienen und andere Insekten eingerichtet, die weiter erhalten blieben.
Um auf die außerordentliche Vielfalt der Insekten hinzuweisen, wurden einschlägige Vorträge und Führungen angeboten, z.B. über Wildbienen von Paul Westrich, über Ameisen von Matthias Rabeling, oder über Holzkäfer von Heiko Gebhardt. Im Juli 2009 wurde sogar noch eine gemeinsame botanisch-zoologische Exkursion mit Gerhard Mickoleit am Steinenberg, in nächster Nachbarschaft zum botanischen Garten, durchgeführt.
Einiges mehr über Tiere im Garten kann aus den Anhängen „Tiere“ und „Insekten“ entnommen werden.
Ästhetisches im Wandel
Die meisten Genießer eines Gartens sind Ästheten. Sie dürfen mit Recht erwarten, dass sie in einem botanischen Garten in den Genuß von Schönheiten kommen.
Obwohl es mir trivial erscheint, Farben auf Paletten von Gärten aufzutragen oder sie gar zu mischen, seien einige für den Tübinger Garten spezifische Besonderheiten und dann mehrere allgemeine Bemerkungen erlaubt.
Die Landschaft
Der Blick auf die Gartenlandschaft von der Aussichtskanzel (Abb.14, 38) oder vom Arboretum oberhalb des Pomariums (Abb. 31) auf den Garten vermittelt dessen besonderen Reiz in muschelförmiger Schräglage am Berghang sowie der Anleihe der Stadt im Tal und der schwäbischen Alb im Hintergrund. Die eigene Topographie (Abb. 41, 92) und die umgebenden und abschließenden Landschaftskulissen bilden eine einmalige Szenerie, die in mehreren Anhängen, z.B. „TüBG Übersicht“ und „Orchideenreservat“ noch vertieft werden.
Die Vegetationen
Die halbnatürliche Vegetation des Orchideen-Reservates (Abb. 32), aber auch die gärtnerisch erstellte Bepflanzung der Heide (Abb. 43) strahlen besondere Qualitäten ihrer Pflanzengesellschaften aus. Das trifft auch auf Teilreviere der „Schwäbischen Alb“ im Garten (Abb. 45 und Anhänge „Alb Jura“, „Alb Steppenheidewald“ und „Alb Wacholderheide“) sowie auf die Trockenvegetation des Pannonikum zu (Abb. 47, Anhang „Pannonikum“).
Die Reviere
In der Planung werden formale Rahmenbedingungen für Reviere erstellt, aber ihre Gestaltung hängt mit der gärtnerischen Kunst zusammen, Gelände und Bepflanzung in harmonischen Einklang zu bringen. Hier dürfen der Eigeninitiative der Zuständigen keine Schranken gesetzt werden. Aus zahlreichen Beispielen seien herausgegriffen das geographische (Abb. 36) und das ökologisch Alpinum (Abb. 38), was in den Anhängen zu „Alpinum....“, nachschlagbar ist.
Das eigene Kapitel „TüBG 3 Arboretum“ und der Anhang „Arboretum Übersicht“ enthalten weitere Beispiele für Teilrevier-Varianten im Baumgarten.
In den Gartenteilen für Ostasien und Nordamerika des Freilandes kann der Besucher den Rhododendronhain bewundern (Abb. 49; dazu mehrere Anhänge unter „Rhododendron....“), desgleichen den Japanteich (Abb. 50), das Primeltal (Anhang „Primeltal O-Asien“), die Farnfelsen (Abb. 51 und Anhang „Farnpflanzen Freiland“) und die nordamerikanischen Stauden (Abb. 53 sowie mehrere Anhänge unter „Nordamerika....“).
Bei guter Pflege entspricht der Schwäbische Bauerngarten (Abb. 80) seinen historischen Vorbildern. Das Zierstaudenrevier (Abb. 68) und das Rosarium (Abb. 71) sind durch ihre Pflanzen ästhetisch prädestiniert.
Aus verschiedenen Blickwinkeln kann das Tropicarium wie eine lebende Installation wirken (Abb. 80, 81 und Anhänge unter „Tropicarium....“), die aber einem ständigen Wandel unterliegt, weil vieles immer wieder eingekürzt und ausgelichtet werden muss. Ähnliches gilt für Sukkulenten-, Kanaren- und Subtropenhaus (Abb. 83, 85, 86 und Anhänge „Sukkulentenhaus altweltlich“, „Sukkulentenhaus neuweltlich“, „Kleinsukkulente“, „Kanarenhaus“, „Subtropenhaus“ und „Galerie“). Der Stil der Gesamtanlage der neuen Aquarien, ihre Bepflanzung und Beleuchtung kann vielleicht auch in der Anlage „Aquarien“ ästhetisch nachempfunden werden.
Die Pflanzengestalten
Die unterschiedlichen Wuchsformen der Pflanzen und ihrer Organe sind ein nicht versiegender Quell für Urformen der Kunst (Blossfeldt 1928). Wenn ihre jeweilig spezifische Entwicklung des Keimens, Aufwachsens, Blühens, Fruchtens und Vergehens dazu kommt, quillt das Fassungsvermögen des Betrachters über, aber der ästhetische Genuß läßt sich vielleicht sogar noch steigern.
Jeder Garten ist übervoll mit pflanzlichen Kunstwerken und die Heerscharen von Digitalphotographen kommen nicht nach, die schönsten aus allen schönen Motiven auszuwählen. Das braucht den Kenner und auch den Genießer nicht zu verunsichern.
Als Beispiele für eine bewußte Auswahl sei auf die Anhänge „Farnpflanzen Freiland“, „Koniferen UG“ und „Nacktsamer“ verwiesen.
Die Blüten und Früchte
Es gibt ungezählte Stillleben mit Blumensträußen, Blüten und Früchten von Ambrosius Bosschaert (1573-1621) und Johann Adalbert Angermayer (1674-1740) bis Wolfgang Zelmer (*1948). Diese Künstler ließen sich von der Schönheit der Gewächse inspirieren und versuchten sich mit ihren Deutungen auf Holztafeln und Leinwänden.
Ein anderer Zugang zur Blütenvielfalt ist das wissenschaftliche Zeichnen (Abb. 16, 18, 26). Es gehörte früher mit zur akademischen Ausbildung von Biologen mit dem Ziel, Baupläne genauestens zu erfassen, um daraus ein Verständnis für ihre Funktionen abzuleiten.
Auf Wunsch einer Studentengruppe habe ich im Wintersemester 2003/04 einen Zeichenkurs für Blütenpflanzen spontan durchgeführt, der daher auch nicht angekündigt war. Der Erfolg knüpfte an die Leistungen an, die mit Zeichnungen mikroskopischer Strukturen von Pilzen durch Studenten, Postdocs und Mitarbeitern an meinem Lehrstuhl über Jahre hinweg erbracht wurden. Diese Tradition wird von ehemaligen Teilnehmern weiter gepflegt und an die nächste Generation weitergegeben. Das ist befriedigend und ermutigend.
Die Kapitel „TüBG 2 System“ und „TüBG 3 Arboretum“ sind mit Zeichnungen von Blüten versehen. Einige Zeichnungen konnte ich auch im Attempto-Kalender 1988 „Blütenpracht aus dem Botanischen Garten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen“ verwenden.
Das Wetter, die Tages- und die Jahreszeiten
Abb. 96: Reif auf der Papierblume, Xeranthemum annuum. Orig. 28.12.2006.
Oft konnte ich mehrfach am Tag durch den Garten gehen, sehr früh, vor Dienstbeginn, als aber Hans Schäfer in seinem Gebiet schon um die Wege war, durch das Arboretum nach unten, mittags von unten nach oben und nach Dienstschluss in Runden der Wahl durch verschiedene Reviere. Die tages- und jahreszeitlichen Änderungen im lebendigen Geschehen des Gartens sind mir dabei sehr deutlich geworden. Manche eifrigen Besucher haben dies ebenfalls genossen.
Der jahreszeitliche Wandel von März bis Dezember ist im Anhang „Heide“ dokumentiert. Frühjahrsblüher können im gleichnamigen Anhang „Frühjahrsblüher“ und in „März-Blüher“ betrachtet werden. Für den Herbst wird ein Beispiel im Anhang „Oktober 2000“ aufgezeigt. Winteraspekte sind in den Anhängen „Februar-Blüher“, „Rhododendron Februarblüte “ und „Raureifgarten“ zu finden (Abb. 96).
Leonhart Fuchs-Jahr 2001
Das 500. Geburtsjahr von Leonhart Fuchs (1501-1566, Abb.1) war reich an Gedenkveranstaltungen, historischen Rückblicken und Präsentationen im Tübinger Garten. Der folgende Abriss enthält stichpunktartig die wichtigsten Ereignisse. Diese werden in einem eigenen Teil ausführlich behandelt.
Abb. 122: 3000 Fuchsienschirme haben für das Leonhart Fuchs-Jahr 2001 und den Botanischen Garten Tübingen geworben. Im Bild von links nach rechts: Technischer Leiter des Gartens Jürgen Frantz, die beiden Fuchsien-Schirm-Verkäuferinnen Eva Riehm-Günther und Barbara Oberwinkler sowie der Gomaringer Produzent Willi Kemmler. Orig. 6.6.2002.
Fuchsienschirme (Abb. 122) mit Abbildungen von Fuchsia-Arten nach meinen Originalen ließ die Firma Kemmler, Gomaringen, in Hongkong herstellen. Eine erste Lieferung war bereits im Mai 2000 verfügbar und war ein Verkaufsschlager mit einem beachtlichen Zugewinn für den Garten.
Der Bau des Fuchsienpavillons begann erst im August 2000, konnte aber termingerecht bis zum 13.7.2001 fertiggestellt werden (Abb. 92, 93).
Durch das Jahr 2001 hat ein Fuchs-Kalender begleitet, der von Klaus Dobat erstellt und vom Attempto-Verlag herausgegeben wurde. Zu Kräuterbuch-Druckstöcken gab es bereits 1982 einen Attempto-Kalender vom gleichen Autor.
Von einer Rousseau-Ausstellung in der Tübinger Kunsthalle bekam der Botanische Garten großformatige Reproduktionen der „Dame mit der Fuchsie“ und dem „Tiger im Urwald“. Mit dem „Dschungel-Pfad“ zum und vom Garten wurde eine einmalige Tübinger Kunst-Natur-Verknüpfung kreiert.
Abb. 123: Die New Kreüterbuch-Briefmarke der Bundespost 2001.
Die Abbildung des indianischen Pfeffers, Capsicum annuum, aus dem New Kreüterbuch, die erste überhaupt in Europa, lieferte das Motiv für die Briefmarke der Bundespost (Abb. 123), mit der sie auf den berühmten Leonhart Fuchs und seinen 500. Geburtstag hinwies.
Im Sortiment der Pflanzen im Garten wurden diejenigen Arten, die in den Kräuterbüchern von Fuchs enthalten sind, mit den Zusatz-Etiketten „Fuchs-Pflanze“ versehen (Abb. 124), was im neuen Arzneipflanzengarten besonders deutlich auffiel.
Im Schwäbischen Tagblatt fanden sich u.a. die Artikel-Überschriften „Tübingen im Fuchs-Rausch“ oder „Die Stadt fuchst sich“. Das bezog sich auch auf die üppigen Fuchsien-Auspflanzungen in einer Gemeinschaftsaktion von Stadtgärtnerei und privaten Gartenbaubetrieben, wie der von Karl-Martin Stephan. Praktisches zur Fuchsienkultur haben am 1. April der Technische Leiter Jürgen Frantz, Obergartenmeister Friedrich Herter und Gärtnermeister Friedrich Piplack vorgeführt.
Während des Sommersemesters 2001 hatte ich zusätzliche Vorlesungen über Pflanzen aus den Fuchsschen Kräuterbüchern gehalten. Themen waren Frühjahrsblüher, Sporenpflanzen, Exoten der alten und neuen Welt, Obstpflanzen, Wiesenpflanzen, Gewürzpflanzen, Unkräuter-Wildkräuter, Gehölze und Körbchenblütler.
In einem Seminar des Grundstudiums wurden „Fuchs-Pflanzen im Botanischen Garten“ behandelt. Es wurden Referate vergeben zu: Kreuzblütler, Nelkengewächse, Lippenblütler, Sukkulente, Orchideen, Giftpflanzen, Heilpflanzen, Zierpflanzen, Gewürzpflanzen, Färbepflanzen und Getreide.
Im Studium Generale wurde für das Sommersemester 2001 die Vorlesungsreihe „Leonhart Fuchs und seine Zeit“ mit zehn Beiträgen angeboten und im Kupferbau gehalten. Vortragende waren Gerd Brinkhus, Klaus Dobat, Helmut Baumann, Franz Oberwinkler, Gerhard Fichtner, Lutz Heide, Heinz Scheible, Wilfried Setzler und Dietrich von Engelhardt.
Zeitgenössische Fuchsien-Darstellungen von Petra Bertram-Farille waren in einer Ausstellung im Verbindungsgang der Gewächshäuser zu sehen.
Abb. 124: Zusatzbeschilderung von Pflanzenarten, die in den Kräuterbüchern von Leonhart Fuchs enthalten sind.
Die Ausstellung von Stadt und Universität Tübingen über „Leonhart Fuchs und seine Zeit“ wurde am 21. Juni eröffnet. Dazu ist der Anhang „Fuchsia-eine Pflanzenkarriere 2001“ von Barbara Oberwinkler aus dem Ausstellungskatalog verfügbar.
Während der Jahrestagung des Verbandes Botanischer Gärten in Tübingen vom 22.-24. Juni (Anhang „VBG-Tagung 2001“) wurden System-Reviere in botanischen Gärten, ihre historische Entwicklung und ihr aktueller Bedarf schwerpunktmäßig behandelt. Dabei konnte auch das aktualisierte Tübinger System präsentiert werden. Unser Modell blieb nicht ohne Nachfolge. Allerdings konnte anderswo, wie z.B. später in Bonn, eine System-Anlage auf ebener Fläche die Organisationsstufen in der Blütenevolution nicht so abbilden, wie das auf den Tübinger Terrassen möglich war.
Am strahlend schönen 24. Juni fand die Oberjoch-Iseler-Exkursion mit Teilnehmern der Tagung statt. Ein unvorhergesehener und dennoch glücklicher Umstand wollte es, dass an diesem Bergwettertag der Iseler-Lift nicht in Betrieb war. So konnte besonders der Aufstieg zum Iseler den Pflanzen gewidmet werden. Beeindruckt waren die Botaniker vom Alpinum, dem alpinen Lehrpfad und vom gemütlichen Ambiente des Berghauses Iseler, außen und innen.
Mit Begleitung des Fernsehens fand am 1. Juli die Leonhart Fuchs-Gedächtnisexkursion auf den Spitzberg zur „Erforschung der heimischen Flora“ statt. Hierzu ist ein ausführlicher Anhang „Spitzberg Gedächtnisexkursion 2001“ verfügbar.
Zweimal haben wir, Barbara und ich, die Leonhart Fuchs-Gedächtnisexkursion nach Wemding, Ansbach, Eichstätt und Ingolstadt geleitet, vom 6.-8.Juli für Mitglieder des Förderkreises und vom 28.-29. Juli im Rahmen der Veranstaltungen des Kulturamtes der Stadt Tübingen. Für diese Fahrten liegen die Anhänge „Wemding-Ingolstadt Exkursion 2001“, „Bastionsgarten Eichstätt 2001“ und „Ingolstadt Arzneipflanzenliste 2001“ vor.
Beim Festakt zum Leonhart Fuchs-Gedächtnisjahr am 13. Juli 2001 im Fest–saal der Universität begrüßten der Rektor Eberhard Schaich und die Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer die Festversammlung, die von studentischen Randalierern zu stören versucht wurde. In einem Grußwort konnte ich u.a. auch auf den neuen Tübinger Lehr- und Forschungsverbund der Bio- und Geowissenschaften hinweisen (Anhang „Grußwort Festakt 2001“). Daraus:
„....Wer das erschreckende Defizit an organismischer Biologie der Spitzenausbildungsstätten unseres Landes und weltweit kennt, muss drastische Änderungen in Konzepten und Zielvorstellungen naturwissenschaftlicher Ausbildung fordern und durchsetzen. Unsere Universität hat sich dieser Herausforderung gestellt und in einem Forschungsschwerpunkt die Kräfte von Geo- und Biowissenschaften neu gebündelt, um Evolution der Organismen und Bio-Geosphärendynamik zu noch effizienteren Forschungs- und Lehreinheiten werden zu lassen. Damit können fachkompetente Beiträge zu brennendsten Fragen der Ökologie geleistet werden....“.
Die Festvorträge wurden von Siegmund Seybold und Sönke Lorenz gehalten.
Am Nachmittag des gleichen Tages fand die Festveranstaltung von Eurofuchsia und der Deutschen Fuchsien-Gesellschaft im Großen Hörsaal des Botanischen Institutes statt. Festredner waren Paul E. Berry, der Fuchsien-Papst aus Madison, Peter Hardy Kahr aus Bonn und Karin van de Sande für Eurofuchsia. Im Anhang „Berry abstract 2001“ ist die Zusammenfassung des Vortrags von Paul Berry enthalten.
Am späten Nachmittag wurde der Symbol-Schlüssel zur Eröffnung des Fuchsienpavillons von Baudirektor Ernst-Werner Briese an Rektor Eberhard Schaich übergeben und Barbara Oberwinkler hat die Strümpersche Fuchsien-Züchtung „Tübingen 2001“ aus der Taufe gehoben.
Zum Abschluss des strapaziösen Tages konnten sich alle Teilnehmer der Fuchs-Veranstaltungen beim Sommerfest des Förderkreises erholen.
Botanik und Botanische Gärten in Tübingen wurden am 14. Juli in Vorträgen und Führungen durch den Botanischen Garten von Klaus Dobat und Franz Oberwinkler dargestellt.
Im Anhang „Leonhart Fuchs-Jahr 2001“ ist eine chronologische Abfolge der wichtigsten Ereignisse dargestellt und reichlich bebildert. Dieses Jahr wird im Rahmen des Rückblicks auch als ein eigener Teil ausführlich behandelt.
Johann Georg Gmelin- und Hugo von Mohl-Jahr 2005
Das 250. Todesjahr von Johann Georg Gmelin (1709-1755) und das 200. Geburtsjahr von Hugo von Mohl (1805-1872) waren doppelter Anlass für erneute Rückblicke in die Tübinger Botaniker-Geschichte.
Das Jahresprogramm des Förderkreises enthielt mehrere Vorträge über die beiden Tübinger Gelehrten. Im Studium Generale wurde eine Vorlesungsreihe über Johann Georg Gmelin (Abb. 8) gehalten und im Botanischen Garten wurde ein neu angelegtes Revier mit asiatischen Pflanzen, besonders Stauden, am 3.7.2005 als Gmelin-Abteilung eröffnet (Abb. 48). Der Aufbau dieses Reviers und seine erste Bepflanzung werden im Anhang „Gmelin Abteilung“ dargestellt, reichlich bebildert, auch mit Illustrationen aus seiner „Flora Sibirica“ und ergänzt durch Verbreitungskarten mehrerer Arten.
Abb. 125: Die Route der großen Sibirienreise von Johann Georg Gmelin in rot. Darunter in blau die Seidenstraße. Aus „Expedition ins unbekannte Sibirien“, Thorbecke-Verlag 1999.
Gmelins äußerst strapaziöse Sibirien-Expedition, bei der von 1733-43 über 33.000 km zurückgelegt wurden (Abb. 125), hatte Barbara Oberwinkler im letzten Beitrag des Vortragsprogammes des Förderkreises für 2005 behandelt.
Ab April 2005 gab es eine Gmelin-Ausstellung im Verbindungsgang zwischen den Gewächshäusern und vom 18.5.-30.7. die Ausstellung „Johann Georg Gmelin und seine Zeit“ im Bonatzbau der Universitätsbibliothek, die von Gerd Brinkhus kuratiert und vom Förderkreis Botanischer Garten, dem Universitätsbund Tübingen und den Franckeschen Stiftungen zu Halle unterstützt wurde.
Abb. 126: An Hugo von Mohl 1857 geliefertes Mikroskop von Smith & Beck, No. 1503. Das Gerät ist in der Aufnahme gespiegelt. Sammlung Botanisches Institut der Universität Tübingen. Orig. 21.6.2006.
Im Studium Generale stellte Wilfried Setzler „Tübingen zur Zeit Johann Georg Gmelins“ dar, Volker Wissemann behandelte die Botanik seiner Zeit, Dittmar Dahlman beschrieb ihn auf der zweiten Kamtschatka-Expedition als Botaniker auf Abwegen und Barbara Neuffer stellte ihn als Erstbeschreiber sibirischer Pflanzen vor.
Hugo von Mohl (Abb. 10), in Tübingen promovierter Mediziner, wechselte als Assistent zu dem berühmten Brasilien-Forscher Carl Friedrich Philipp von Martius nach München, um über Bern 1835 als Professor nach Tübingen zurückzukehren und die Direktion des Botanischen Gartens bis zu seinem Tode innezuhaben.
Abb. 127: Von Hugo von Mohl selbst gefertigte Mikroskop-Objektivlinsen. Sammlung Botanisches Institut der Universität Tübingen. Orig. 21.6.2006.
Mit seinen mikroskopischen Studien der Kernteilung und von Zellstrukturen sowie der Benennung des Protoplasmas erreichte von Mohl Weltgeltung. Dies verdankte er seiner eigenen Leistung in der Optimierung der Lichtmikroskopie. In „Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauch des Mikroskops“ beschrieb er Möglichkeiten zur Verbesserung der damaligen Geräte (Abb. 126), fertigte Teile auf seiner Drehbank an und schliff Linsen (Abb. 127), die zu den besten ihrer Zeit gehörten.
Sonderausstellungen und einige weitere Ereignisse
1977
An 500 Jahre Universität Tübingen angehängt: „300 Jahre Botanischer Garten Tübingen“
1979
10 Jahre neuer Botanischer Garten Tübingen
Abb. 128: Die Weisse Rose als Mahnmal und Rosa alba im Botanischen Garten. Orig. 30.5.2002.
1990
Der Mikrobiologe Karl Poralla hatte dem Botanischen Garten drei Marmorblöcke mit dem Namenszug „Die Weisse Rose“ als Kunstwerk des Andenkens angeboten (Abb. 128). Es wurde in den Wiesenhang am Haupteingangsweg eingesetzt, zusammen mit der weißen Rose, Rosa alba.
1993-1996
Merk-würdige Sträucher und Bäume hat Klaus Dobat mit Zeichnungen von Siegfried Lelke im Schwäbischen Tagblatt vorgestellt.
In Schauvitrinen des Verbindungsganges zwischen den Gewächshäusern gab es längere Zeit eine Früchte-Ausstellung, die von Klaus Dobat zusammengestellt wurde.
1996
Gründung des Förderkreises Botanischer Garten Tübingen (siehe oben).
1997
Feier zum 90. Geburtstag von Karl Mägdefrau.
1999
Neuer Botanischer Garten Tübingen 30 Jahre jung.
2001
Leonhart Fuchs-Jahr (siehe oben).
Ausstellung über Fuchsien-Darstellungen von Barbara Oberwinkler.
2002
Ausstellung lebender heimischer Schmetterlinge von Alexander Beiter in der Überwinterungshalle des Gartens. Serie „Der Schmetterling der Woche“ von Matthias Hendrichs im Schwäbischen Tagblatt.
2003
Fossilien-Ausstellung von H. Mallisson,
Bibelpflanzen-Ausstellung von Barbara Oberwinkler.
Bibelpflanzen-Parcours von Klaus Dobat.
2004
Kakao-Ausstellung von Barbara Oberwinkler.
Die Pflanze des Monats von Matthias Hendrichs. Erstmals Tag des Botanischen Gartens mit ökumenischem Gottesdienst, in den folgenden Jahren wiederholt.
2005
SWR-Filmaufnahmen im Garten.
Tee-Ausstellung von Barbara Oberwinkler.
Ausstellung lebender heimischer Schmetterlinge von Alexander Beiter.
2006
Kaffee-Ausstellung von Barbara Oberwinkler.
Kunstausstellung von Eberhard Enders.
Apfeltag im Oktober im Arboretum.
2006-2008
Zeitungsartikelserie von Förderkreismitgliedern „Lieblingspflanze“ im Schwäbischen Tagblatt. (siehe oben unter Förderkreis und Anhang „Lieblingspflanzen“).
2007
Der 100. Geburtstag von Karl Mägdefrau wurde mit einem Kolloquium gefeiert. Schüler von Mägdefrau, Andreas Bresinsky, Dieter Roth, Werner Grüninger, Ingrid Kottke und Herbert Hurka haben dazu mit Vorträgen beigetragen. Das Festprogramm ist als Anhang „Mägdefrau 100.“ verfügbar.
Die Ausstellung „Fast vergessene Nutzpflanzen“ von Klaus Drumm und Barbara Oberwinkler kann als Anhang „Vergessene Nutzpflanzen“ unter Sonderausstellungen gefunden werden.
Die Ausstellung „Angewandte Botanik in Japan“ von Barbara Oberwinkler ist als gleichnamiger Anhang unter Sonderausstellungen zu finden.
Pflanzennamen aus der griechischen Mythologie wurden von Barbara Oberwinkler für eine Sonderausstellung aufbereitet, die im Anhang „Mythologische Pflanzen“ nachgeschlagen werden kann.
Griechische Pflanzen im Botanischen Garten der Universität Tübingen wurden von Martin Guttenberger in einem Begleitheft vorgestellt.
Die „Nußausstellung“ von Barbara Oberwinkler ist unter gleichem Namen als Anhang unter Sonderausstellungen zu finden.
2008
Abb. 129: Faserausstellung. Orig. 28.2.2008.
„Faseriges“ – Textiles und Pflanzen von Barbara Oberwinkler ist als Anhang „Faserausstellung“ unter Sonderausstellungen zu finden.
Nutzer und Besucher
Seit Leonhart Fuchs am Nonnenhaus ab 1535 Arzneipflanzen anzog und für seine Studien verwendete und seit 1675 der Medizinalgarten an der Bursa fertiggestellt war, wurde er, wie die nachfolgenden Gärten, für wissenschaftliche Zwecke verwendet. Dies war für den neuen botanischen Garten auf der Morgenstelle ein verpflichtendes Erbe.
Eine Einrichtung dieses Umfangs ist finanziell aufwändig. Daraus resultierte wohl immer die Frage nach ihrer Berechtigung bei Außenstehenden und Desinteressierten. Leider finden sich solche Personen auch an Universitäten und anderen akademischen Institutionen. Ihre tages- und machtpolitische Meinung wird nicht selten über die Presse geschickt lanciert, um in der Öffentlichkeit eine beabsichtigte Meinung zu erzeugen.
Schon Herzog Eberhard III. (1628-1674, siehe oben) musste sich über den Widerstand der Universität gegen den Hortus Medicus durch mehrfache Anordnungen hinwegsetzen, seine Fertigstellung hatte er jedoch nicht mehr erlebt.
Leistungen des Gartens für die Wissenschaft
Für die Denkschrift der Deutschen Botanischen Gesellschaft, „Aufbruch ins 21. Jahrhundert: Die Botanischen Gärten Deutschlands – Aufgaben, Ziele, Ressourcen, 2003“, habe ich das Kapitel „Forschung und Lehre in Botanischen Gärten“ verfaßt. Es ist als Manuskriptkopie im Anhang „Forschung und Lehre“ verfügbar.
Pflanzen für die Lehre
Der Garten ist primär in die akademische Lehre für Biologen und Pharmazeuten, seit 2001 auch von Geoökologen, eingebunden. In der traditionellen Ausbildung von Biologen war das zweite Semester im Sommerhalbjahr weitgehend den „höheren Pflanzen“, also Samenpflanzen und Farnen gewidmet. Die Vorzeigepflanzen in einer, über das gesamte Semester hinweg vierstündigen Vorlesung, kamen, wenn vorhanden, aus dem Institutsgewächshaus, geliefert vom hilfreichen Hausgärtner Klaus Seifert, übrige Pflanzen stellte der Garten.
Nach einer massiven Kürzung der Lehrinhalte wurde der gesamte Überblick des Pflanzenreiches in einem Semester, allerdings in der gleichen Verknüpfung von Vorlesung, Labor-und Geländeübungen (Abb. 97) wie vormals, durchgeführt.
Abb. 97: Vernetzung der Lehrveranstaltungen zu höheren Pflanzen im zweiten Semester für Biologen und ab 2001 auch für Geoökologen. Orig.
Seit 1974 mussten alle Biologiestudierenden im zweiten Semester, zwischen 220 und 280 Teilnehmer, diese Lehrveranstaltungen absolvieren. Die hierfür benötigten Pflanzen, ausgesucht und koordiniert über viele Jahre von Obergartenmeister Helmut Staigle, kamen aus dem Garten. Nach Jahren bekannte er, dass die Einarbeitung in Sauer- und Süßgräser eine gehörige Herausforderung war, aber es habe sich gelohnt, sich dieser zusätzlichen Aufgabe zu stellen. Es hatte sich auch für die interessierten Studenten gelohnt.
Aus den Anhängen „Vorlesung 1 Algen“ bis zu „Vorlesung 18 Körbchenblütler“ können der behandelte Stoff und die zugehörigen Pflanzen ersehen werden.
Da seit langem an den meisten Gymnasien Organismen nicht mehr gelehrt wurden, sollte dieses Defizit für Biologen an der Universität ausgeglichen werden.
„Auf akademischem Niveau ist zunächst an die Grundausbildung der Studierenden zu denken. In der Ausbildung der Biologen ist es heute Aufgabe der Hochschullehrer, die Defizite in der Kenntnis von Organismen zu beheben. Dies kann nur sinnvoll durch die Vermittlung der heimischen Flora erfolgen. Um dies zu erreichen, haben nicht wenige Gärten die Pflanzen ihrer näherern Umgebung in eigenen Abteilungen vereint. Der Lehrerfolg bei Anfängern bestätigt die Bedeutung dieses Konzeptes.“ (Oberwinkler 2003).
Abb. 98: Bestimmungskurs für Studierende im Arboretum des Botanischen Garten. Orig. 5.2001.
Zusätzlich wurden Bestimmungsübungen (Abb. 98) als fakultative Lehrveranstaltungen angeboten, wofür die benötigten Pflanzen ebenfalls großenteils aus dem Garten geliefert wurden.
Obligat für alle Biologen war dagegen seit 1974 das Anlegen eines Herbars mit 100 heimischen und nicht geschützten Arten, die auch nicht im botanischen Garten gesammelt werden durften. Die Herbarbelege mussten korrekt wissenschaftlich etikettiert werden, ähnlich der Beschilderung von Pflanzen im Garten, allerdings mit dem Zusatz des Sammlers, der gleichzeitig als Bestimmer galt und mit Angabe des genauen Fundortes und des Sammeldatums.
Jedes Sommersemester wurde ein fakultativer Kurs zur Blütenökologie für 30 Teilnehmer von Klaus Dobat angeboten, wofür die Pflanzen ebenfalls aus dem Garten geliefert wurden.
Auch Moose und höhere Pflanzen, die in Großpraktika bearbeitet wurden, stammten überwiegend aus dem Garten.
Pflanzen für die Forschung
Systematik und Phylogenie
Als Wilhelm Sauer als Professor für Vegetationsökologie nach Tübingen kam, benötigte er Gewächshäuser für karyologisch zu untersuchende Pflanzen, besonders für Wildhafer, Avena, im weiteren Sinne und Lungenkräuter, Pulmonaria. Diese mussten gegen den Widerstand der technischen Leitung von den kurz vorher fertiggestellten, aber längst aufgefüllten Anzuchthäusern-Ost abgezweigt werden. Diese Kulturen für Forschungszwecke wurden von Gärtnern des botanischen Gartens mitversorgt.
Rost- und Brandpilze auf ihren Wirten
Wie bereits im Abschnitt „Pflanzen und Pilze“ angemerkt, sind pilzliche Pflanzenparasiten im Garten reichlich vertreten, darunter auch die von uns intensiv entwicklungsgeschichtlich, systematisch und phylogenetisch untersuchten Rost- und Brandpilze und ihre Verwandten sowie die falschen Mehltaupilze. Eine ausführliche Darstellung unserer eigenen Forschungen hierzu findet sich im Anhang „Mykologie in Tübingen 1974-2011“.
Genetik
Als Direktor des botanischen Gartens musste Karl Mägdefrau 1969 dem Lehrstuhl Genetik an der Fakultät für Biologie drei der Anzuchtgewächshäuser-West überlassen. Dies war vertraglich für ein Jahr festgelegt, hat aber bis 2008 angedauert. Hier wurden, zumindest zeitweise, Pflanzen für genetische Experimente kultiviert. Die Pflege dieser Pflanzen wurde vom Personal der Genetik übernommen.
Was Besucher erwarten dürfen
Abb. 99: Besucher mit Kindern im ökologischen Alpinum. Orig. 26.5.2002.
Dass eine Einrichtung vom Umfang und von der Qualität des Tübinger Gartens auch für alle Pflanzenfreunde, an Biologie und der Schönheit der Natur Interessierten zugänglich sein sollte, ist eine Selbstverständlichkeit.
In gut geführten Gärten wurde den Ansprüchen der „allgemeinen Besucher“ immer in hohem Maße Rechnung getragen. Darunter war und ist zu verstehen:
Richtig und ausreichend etikettierte Pflanzen,
gepflegte Beete und Reviere,
öffentliche Führungen,
allgemein verständliche Informationen.
Führungen
Mit der Gründung von Förderkreisen (siehe Abschnitt dazu unten), wie sie nach und nach in den meisten Gärten möglich und dann unverzichtbar wurden, sind ihnen nicht nur private Gelder zugeflossen, sie haben dadurch auch weitergehende Verpflichtungen übernommen, u.a. jährliche Exkursions- und Vortragsprogramme. Solche Aktivitäten hat der Tübinger Förderkreis schließlich selbst übernommen. Als Ausgleich hat der Garten angeboten: Am Sonntag um zwei, da sind wir dabei (Abb. 100)!
Abb. 100: Führungs-Programm für 2006: Am Sonntag um zwei, da sind wir dabei.
Bildungsarbeit und Grüne Schulen
An Natur und Biologie interessierte Familien haben ihre Kinder immer schon auf Wanderungen, in Zoos, aber auch in botanische Gärten mitgenommen (Abb. 99). Auch Besuche von Kindergartenkindern und Schulklassen (Abb. 101, 102) wurden von motivierten Kindergärtnerinnen und Lehrern durchgeführt und dabei nach Anmeldung, wenn möglich, von Gartenpersonal unterstützt.
Abb. 101: Schüler und Schülerinnen eines Leistungskurses mit Studienrat Lothar Löchner. Orig. 19.6.2001.
Abb. 102: Schülerinnen beim Pflanzen-Zeichnen im Botanischen Garten. Orig. 7.7.2003.
Die meisten Gärten haben diesen Bedarf nicht nur erkannt, sondern nach Mittel und Wegen gesucht, eigene Angebote für Kinder durch „Grüne Schulen“ zu ermöglichen. Im Tübinger Garten hat sich dafür Christiane Adler eingesetzt.
Über Besucher
Die allermeisten Besucher des Tübinger Gartens haben nicht nur den freien Eintritt, sondern auch die offenen Zugänge zu den meisten Revieren außerordentlich geschätzt. Photographieren war dadurch fast überall ungehindert möglich, was ausgiebigst genutzt wurde (Abb. 103). Bei meinen sehr häufigen Sonntags-Vormittags-Gängen durch den Garten war ich einer von ihnen und ein ungestörter Beobachter nicht nur der Pflanzen.
Leider konnten Pflanzen-Diebstähle nicht verhindert werden. Die schwerwiegenden Fälle waren diejenigen von „Raritätensammlern“. Offensichtlich waren darunter auch unheilbare Kleptomanen, die erzwangen, dass z.B. Kleinsukkulente nur noch hinter Glas- oder Plexiglasscheiben gezeigt werden konnten (Abb. 84).
Abb. 103: Photographen auf der Suche nach attraktiven Blüten im ökologischen Alpinum. Orig. 10.3.2002.